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Barkhausen-Effekt

Was ist der Barkhausen-Effekt?

Der Barkhausen-Effekt wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Physiker Heinrich Barkhausen entdeckt und nach ihm benannt. Der Barkhausen-Effekt beschreibt dabei die diskontinuierliche Änderung der Magnetisierung in ferromagnetischen Materialien, verursacht durch mikroskopische, sprunghafte Änderungen der Magnetisierungsrichtung von sogenannten Weißschen Bezirken, in denen die magnetischen Momente der vorhandenen Elektronenspins (durch Pfeile angedeutet) untereinander parallel ausgerichtet sind (Siehe Abbildung 1). Diese sprunghaften Änderungen, bekannt als Barkhausen-Sprünge, können in einem Experiment als knackendes Geräusch in einem Lautsprecher hörbar gemacht werden und erzeugen messbare magnetische Rauschsignale, die auch als Barkhausen-Rauschen bezeichnet werden (siehe Abbildung 2).
Inhaltsverzeichnis
Der Barkhausen-Effekt hat bedeutende Anwendungen in der Materialwissenschaft und der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung, da er Einblicke in die Mikrostruktur und die Spannungszustände des Materials bietet. Die Analyse von Barkhausen-Sprüngen und des Barkhausen-Rauschens ermöglicht die Bewertung der Materialermüdung und die Erkennung von Mikrorissen, was für die Überwachung kritischer Komponenten in der Industrie unerlässlich ist.
Illustration Weißsche Bezirke
Abbildung 1: Der Barkhausen-Effekt kommt an den Grenzen sogenannter Weißscher Bezirke zustande. Diese Grenzen werden auch Bloch-Wände genannt (durchgezogene Linien links bzw. gestrichelte Linien rechts).
Abbildung 1 verdeutlicht den Barkhausen-Effekt: Die Ausrichtung der Elektronenspins zwischen verschiedenen Weißschen Bezirken ändert sich in ihrer Ausrichtung beim Übertreten der Bloch-Wand sprunghaft (siehe Abbildung 1). Dieser Effekt heißt Barkhausen-Effekt. In ferromagnetischen Materialien gibt es grundsätzlich Weißsche Bezirke von einigen Zehntel Millimetern Größe, in denen die Elektronenspins der Materie untereinander parallel ausgerichtet sind. Die Elektronenspins in verschiedenen benachbarten Weißschen Bezirken sind jedoch nicht parallel ausgerichtet. Deshalb ist in einem entmagnetisierten, ferromagnetischen Stoff auch kein Magnetfeld messbar. Die Elektronenspins des einen Weißchen Bezirks stehen den Elektronenspins eines anderen Weißschen Bezirks entgegen und kompensieren somit ihre magnetische Wirkung wechselseitig.

Besonders unter dem Einfluss eines äußeren Magnetfeldes ändern sich nun die Ausrichtungen der Elektronenspins innerhalb eines Weißschen Bezirks. Kommt es zu einem solchen kollektiven Umlagern der Spinausrichtung wie beim Übergang der linken zur rechten Abbildung 1, dann spricht man von einem Barkhausen-Sprung. Das kann dann durch den Magneten von außen induziert werden.

Was ist der Barkhausen-Sprung?

Barkhausen-Sprünge sind sprunghafte Veränderungen der Magnetisierung eines Magneten, wobei sich die Richtung der Magnetisierung eines mikroskopischen Bereichs, des sogenannten Weißschen Bezirks, sprunghaft ändert. Ein Barkhausen-Sprung ist die simultane Änderung der Ausrichtung aller Elektronenspins in einem Weißschen Bezirk.
Durch Magnetisierung kann jedoch erreicht werden, dass ein ferromagnetischer Stoff auch nach außen hin magnetisch erscheint. Grund ist, dass die Elektronenspins in dem Material bei der Magnetisierung alle weitgehend parallel ausgerichtet werden. Verschiedene Weißsche Bezirke verschmelzen dabei untereinander zu einem gemeinsamen großen Bezirk mit parallel ausgerichteten Elektronenspins.
Die Elektronenspins müssen dazu ihre Ausrichtung ändern. Aufgrund der starken Austauschwechselwirkung zwischen den einzelnen Elektronenspins geschieht dies jedoch nicht für jeden Spin einzeln, sondern in einem Weißschen Bezirk ändert sich unter dem Einfluss eines Magnetfeldes instantan die Ausrichtung aller Elektronenspins in diesem Bezirk. Alle Elektronspins ändern ihre Ausrichtung gemeinsam in Form eines kollektiven "Sprungs". Man spricht von einem Barkhausen-Sprung.
Barkhausen-Sprünge sind somit mit einer sprunghaften Änderung der Magnetisierung in einem ferromagnetischen Stoff verbunden.

Experiment zum Nachweis von Barkhausen-Sprüngen

Obwohl die Weißschen Bezirke, welche hierbei ihre Ausrichtung ändern, sehr klein sind (oft nur wenige µm groß), kann das sprunghafte kollektive Verhalten der winzigen Elektronenspins mit einem Experiment nachgewiesen werden (siehe Abbildung 2).

Aufbau eines Experimentes zum Hörbarmachen von Barkhausen-Sprüngen
Abbildung 2: Das Experiment zeigt einen Aufbau zum Hörbarmachen von Barkhausen-Sprüngen.In einer Spule befindet sich ein ferromagnetischer Stoff. Die Weißschen Bezirke des ferromagnetischen Materials sind untereinander nicht parallel ausgerichtet und das Material ist unmagnetisch. Beim Magnetisierungsvorgang durch einen extern angenäherten Permanentmagneten kommt es zur sprunghaften Richtungsänderung der Weißschen Bezirke. Dadurch ändert sich die Magnetisierung des Materials in der Spule sprunghaft und ein winziger Strom (der proportional zur Größe des Weißschen Bezirks ist, welcher seine Richtung geändert hat) wird messbar. Man kann den kurzen Strompuls beispielsweise durch einen Verstärker auf einen Lautsprecher geben, der dann bei jedem Sprung leise zu "knacken" beginnt. Das Signal kann mit einem Mikrofon weiter verstärkt werden.
Bei diesem Experiment wird ausgenutzt, dass bei vorsichtiger Magnetisierung nacheinander einzelne Weißsche Bezirke Barkhausen-Sprünge vollziehen. Mithilfe eines Permanentmagneten wird eine ferromagnetische Probe vorsichtig magnetisiert (siehe Abbildung 2). Es kommt dadurch zum "Umklappen" der Spins von Weißschen Bezirken, was einen kurzzeitigen magnetischen Puls verursacht. Wickelt man das Material in eine Spule, so wird durch diesen magnetischen Puls kurzzeitig ein Strom in der Spule induziert. Dieser Strompuls kann verstärkt werden und dann über einen Zeigerausschlag sichtbar gemacht oder über einen Lautsprecher hörbar gemacht werden.

Barkhausen-Rauschen

Barkhausen-Rauschen ist ein Phänomen, das die mikromagnetischen Änderungen in ferromagnetischen Materialien durch diskrete Sprünge in der Magnetisierung kennzeichnet. Dieses Rauschen ist ein direktes Ergebnis der Neuausrichtung von Domänenwänden und bietet wertvolle Einblicke in die Materialeigenschaften, wie Mikrostruktur und Spannungszustände. Es wird in der zerstörungsfreien Prüfung verwendet, um Materialermüdung und Mikrorisse zu identifizieren, was besonders in sicherheitskritischen Anwendungen in der Industrie von Bedeutung ist.


Portrait von Dr. Franz-Josef Schmitt
Autor:
Dr. Franz-Josef Schmitt


Dr. Franz-Josef Schmitt ist Physiker und wissenschaftlicher Leiter des Fortgeschrittenenpraktikums Physik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er war 2011–2019 an der Technischen Universität beschäftigt und leitete diverse Lehrprojekte und das Projektlabor Chemie. Sein Forschungsschwerpunkt ist zeitaufgelöste Fluoreszenzspektroskopie an biologisch aktiven Makromolekülen. Er ist ausserdem Geschäftsführer der Sensoik Technologies GmbH.

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